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Sonntag, 7. Juni 2015

Die Unterschrift

Wissen Sie, ich muss das jetzt mal aufschreiben.

So mitten in der Nacht sind wir hier ja auch unter uns, da kann man das mal machen.
Also eigentlich wie immer.

Die diesem Text vorangegangenen Stunden waren durchaus eine Herausforderung für mich, und ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber geplant war:
Ich treffe heute meine "Muse",
den heiligen Bloggergral,
den Herrn königlich kreativer Kurzprosa mit Ruhrpott-Einschlag
und Mütze.
Bin mir gerade unsicher, ob ich die Identität dieser unglaublich männlichen Person preisgeben soll und werde, denn schließlich mache ich mich mit der Aussage,
datt dat mein Vorbild ist, durchaus verletzlich.

Ok, anders.
Ich war bei einer "Lesung" zugegen.
Sie dauerte knapp drei Stunden und wurde örtlich so abgehalten, dass Worte wie "kühl, angenehm luftig" oder "besser könnts mir nicht gehen!" schlicht nicht drin vorkommen.
Ich hab bei sowas immer Glück:
Wenn ich mal Tickets für kulturelle Fortbildung erwerbe, dann findet die garantiert bei meteorologisch ganz ungünstigen Verhältnissen statt.
In meinem Fall heißt ungünstig einfach alles über 20°C.

Aber ich wollte den sehen..oder hören. Sehen wird in dem Fall überbewertet.
Ich bin ein Mann, er ist ein Mann.
Sie kriegen 1 und 1 jetzt zusammen, da bin ich mir sicher!

Da ich auch sonst nicht gerne in die Sauna gehe, kam die Pause nach der ersten knappen Stunde durchaus gelegen.
Mein Idol lehnte lässig rauchend draussen neben dem Bühneneingang am Geländer und wurde sogleich von einem unvorteilhaften Groupie belagert.
Unvorteilhaft für mein Idol, versteht sich - stellen Sie sich die holde Weiblichkeit aus den Mad Max Filmen vor .... oder die Vorsitzende der Allgemeinen Kampflesbenvereinigung kurzhaariger Kampflesben...irgendwie sowas - Menschen halt, vor denen man mich als Kind in der Fußgängerzone immer gewarnt hatte.
Keine Chance für mich ohne schwarzen Gürtel da irgendwie voran- und an ein handsigniertes Buch zu kommen.

Frage mich allerdings, ob ich überhaupt so richtig scharf drauf war, denn Autogramme erhaschen ist ja irgendwie doch eher so 90er Jahre, als meine Dachschräge noch mit Michael Jackson und David Hasselhoff tapeziert war.
Meine Eltern konnten sich mindestens 3 Rollen Rauhfaser sparen, brachten mir im Gegenzug dafür aber wöchentlich die Bravo frei Haus.
Und auch sonst bin ich mathematisch seitdem ein Knüller.

Ob ich also wirklich drangeblieben bin, einen kurzen Plausch zu halten, der von Mann zu Mann in der Regel ungefähr so aussieht:
"Moin"
"Tach"
"Buch?"
"Ich?"
"Ja"
"nimm dies"
und mir vom Meister persönlich in mein Buch malen zu lassen?
Nun ja, 10 Minuten später saß er drinnen im Foyer, kampflesbenlosgelöst.
Das Foyer jedenfalls hat den Charme alter Vorräume von Turnhallen.
Vergeblich suche ich nach dem Duft von Schweiß und Bohnerwachs, letzteren jedoch kann ich beim besten Willen nicht mehr entdecken.
Ausserhäusig gehts, aber drinnen sind auch nach 21.30 Uhr noch gefühlte 45°C im Schatten kaum geflunkert.
Unter diesen Umständen...und aufgrund der Tatsache, dass Frauen ab 40 sich dreist vor mich in die Warteschlange drängeln
- seriöse Frauen
- Singles mit Nivea
- Singles ohne Deo
- Fußvolk!
... schaffe ich es auf Platz 3.
Also von hinten.
Drittletzter in der Schlange man, nicht was Sie jetzt denken!
Aber ich rege mich unnötig auf.
Die Show muss weitergehen, kurz bevor ich dem Torsten tief in die Augen schauen und auf die Frage "Wem soll ichs denn widmen?" lässig
"Schreib einfach: für den Meerescruisen-Mann. Herzlichst, Dein Torsten"  entgegnen kann.

Hat also nicht geklappt, mein Buch ist noch Jungfrau, auch wenn der Einband durchaus feucht geworden ist.
Muss von dem Single ohne Deo vor mir gewesen sein.

Die zweite Hälfte des "Programms" erlebe ich dennoch in mir ruhend, zufrieden...mit der  Körpertemperatur eines Heißluftföhns.
Mein Herz freut sich über den Mut zum Gedanken.
Also dem Gedanken, den "Meerescruisen-Mann" in mein Buch gekritzelt zu bekommen.
Nicht meinen weltlichen Namen,
nicht Elfriede, Jason oder Horst-Uwe, nein:
Meerescruisen-Mann.
Mein vielleicht gar nicht so geheimes Ich, etwas, das Mut braucht und dem man Raum geben sollte - auch mal die große Bühne, so wie heute Abend.
Sie müssen das symbolisch verstehen, das verstehen Sie doch, oder?

Auch wenn es nicht zum Showdown gekommen ist, bin ich doch ein Stück weiter...oder klarer, auch verträumter.
Denn wenn man sich das Abendprogramm so anschaut, pardon hört:
Der Chef kocht tatsächlich auch nur mit Buchstaben;
das macht Lust auf mehr von mir, mehr von dem, was ich zu können glaube, mehr von dem, was Sie leider werden lesen müssen.
Mehr von dem Traum, dass ich eines Tages eins meiner eigenen Bücher signieren werde - vielleicht nicht in einer 82°C heißen Foyerpause und nicht mit einem Opel Cascada in Ommabraun-Metallic anreisend.
Aber mit dem Blick für den Menschen, der mich gerne liest oder mir zuhört.
Irgendwo da draussen     wird es Jemanden geben.

Herzlichst,
Ihr/Euer/Dein

Mann.im.Meer


3 Kommentare:

  1. Oh Meister der Kryptik, ich werde jetzt wohl lange raten, welchen Autor du meinst, oder verrätst du es?

    PS.: Das Bild im Footer.... hach <3
    (und die Schuhe hatte ich auch mal)

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    1. Sie neigen zu huldigenden Übertreibungen, Frau Möwe.
      Man sagt, manch Männergeheimnis ließe sich bei einem mundgerecht zubereiteten Stück Marmorkuchen entlocken.
      Gruß,
      der Autor

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    2. Sie sind herzlich eingeladen, Herr im Meer, auf ein Stück fluffigsten Marmorkuchen. Mit Puderzucker oder mit Schokoladenüberzug, ganz wie Sie es mögen.

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