Subtitel:
Lindgren, Sträter, Strunk - Schpunk!
Tja nun,
beginnt angesichts dieses hervorragend kreativen Titels dieser Text nun mit einem Ohrwurm, so hat der Autor vermutlich so Einiges richtig gemacht.
Sollten Sie allerdings überzeugt-ausschließlicher Schlagerfan sein:
Schalten Sie weg! Blättern Sie um! Klicken Sie irgendwas!
Hier soll geschrieben, nicht geschmachtet werden!
Obwohl, zumindest wenn man sich den "Blog"verlauf so anschaut, habe ich nicht viel Schriftliches verzapft in letzter Zeit.
Höchstens offline, aber davon hat ja niemand etwas. Kein Lachen, keine Beschwerdbriefe. Leere.
Vermutlich jedoch habe ich derweil Gedanken gesammelt wie so ein nasser Sack, äh: Schwamm, kreativ aber introvertiert.
So Gedanken, die sich dann nicht in enge Buchstabenketten quetschen wollen, weil sie zu anspruchsvoll geworden sind. Geh mir weg mit Grammatik, abgehacktes Kaltstartgeschreibe.
Sie haben doch auch gerade noch keinen Spaß beim Lesen, das sehe ich ihnen am zuckenden Displaywischfinger an!
Weiter.
Kaum hat man mal nicht aufgepasst, beginnen die kleinen fiesen Gedankenracker auch noch, nach rechts und links, über den Tellerrand, durch die Lasche und die hohle Gasse zu schielen:
Wie mögen andere Schreiberlinge das bloß machen?
Setzen die sich einfach so hin? Überall?
Sagen die sich auch "Hey, jetzt aber erst noch das Bad putzen...und den Müll rausbringen...raus in die Kälte und nicht zögern! Der Tag ist vorbei, die Energie verknebelt, aber hey: And round goes the Schreibmaschin!"?
Wenn man den inneren Schweinehund erst überwinden muss, kommt man ja doch nie dazu, den ganzen Kram endlich zu Papier zu bringen, welchen Spongebob the brain im Laufe eines Jahres so aufgesogen hat.
Ich habe den Müll nicht rausgebracht. Das Bad ist auch nur so semi-sauber - ich habe den Schweinehund also endlich mal links liegen gelassen, natürlich nicht, ohne mich vorher mit dem Fahrrad durch Berg und Tal zu quälen.
Ich eben auch ein konsequenter Typ. Verdammt!
Und dann ist da noch die Tatsache, dass Träumer wie ich natürlich Vorbilder haben.
Schweinehund, Vorbilder, Alltag - Sie merken schon, die Liste der Unannehmlichkeiten, die sich einem ordnungsgemäßen Vertexten so in den Weg stellen, wird nicht unbedingt kürzer.
Früher, als ich noch ein junger Mann war, habe ich mich einfach an den Küchentisch gesetzt.
Es hatte etwas Zeremonielles, Laptop und Ladegerät dort zu installieren und sich in Hoody und Jeans an den Tisch zu setzen.
Gerade und aufrecht und dann NUR Text.
Wie so oft im Leben erweist es sich als Vorteil, in Küchentischnähe eine Jeans zu tragen.
Das ist sicherer und hilft hin und wieder zur nötigen Seriösität, wenn Sie verstehen!
Mit meinen Küchentischgeschichten war ich dementsprechend immer ganz zufrieden. Sonst könnten Sie hier vermutlich auch gar nicht mitlesen.
(na, atomisiert sich bereits Ihre Illusion von seriösem Autorentum?)
Aber ich wollte mehr und kaufte mir einen Schreibtisch. Nicht, dass es nicht schon einen gegeben hätte...aber an dem Ding, wo Aktenordner, Steuererklärungen und Exceltabellen ihr Zuhause haben, kann ein Mann wie ich einfach nicht genug Faxen machen.
Dazu brauchte es ein Spitzenmodell für Kreativköpfe: Weiß und glatt stand er vor mir und wartete darauf, mit buntem Leben gefüllt zu werden.
So wie auch heute.
An diesem Ort schreibt es sich besonders gemütlich, weil man sich in Hoody und Shorts verlustieren kann. Weniger Arbeitsfläche = weniger Gefahr. Man spart also die Jeans! Auch hier verstehen Sie bestimmt treffsicher.
Ausserdem sitzt es sich hervorragend gemütlich auf herrlich kreativ kuscheligem Stuhl
Modell Flauschmusk.
Kenner blättern bereits jetzt verzweifelt in vorhandenen IKEA-Katalogen.
Noch holpern die Zeilen und beschweren sich, dass ich ja eigentlich über das Schreibverhalten der Vorbilder sinnieren wollte..
Denn wie um Himmels Willen setzen sich andere Menschen denn hin und verzapfen hervorragend gefiltertes Gedankengut auf jungfräulich weißem Hintergrund?
Als erstes fällt mir da immer der Sträter ein.
Sie wissen schon: Ein Kerl wie ein Baum, die Stimme der Männlichkeit. Und lustich!
Ständig fragt sich der innere Schweinehund: "Wie macht der das bloß?"...
Ja, so ein Sträter schreibt, wo er geht und steht. Wahrscheinlich auch noch im Liegen.
So meine unzweideutige Fantasie.
Fährt er mit dem Zug - zack, Text verfasst!
Sitzt er in der Maske irgendeiner politisch-satirischen TV-Sendung - bumms, der nächste Klopper!
Nur als ich einmal einem seiner Auftritte - the event formerly known as "Lesungen"- beiwohnte, wurde meine Illusion kurzerhand gebrochen.
Verwundert rieb ich mir die Augen, denn der Herr reiste mit einem mittelalterbraunen Opel Cascada an. Oder wie es in der Verkaufsbroschüre dieses schnittigen Frauen-KFZ mit Stoffverdeck akkurat lautet:
Muttibraun perleffekt.
Und da war ich mir sicher: In dem Wagen hat der nicht einen Text geschrieben! Oh nein, das funktioniert einfach nicht.
Keine männliche kreativen Texte in Frauenautos! ...ausserdem musste er ja auch irgendwie fahren.
Erleichterung.
Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die einem das nötige Wohlgefallen zurückgeben.
Notiz an Opel: ein Opel Cascada ist natürlich keine Kleinigkeit.
...auch wenn er den Namen eines furchtbar günstigen 90er Jahre Dancefloorprojektes mit sich herumschleppen muss.
Vergleiche sind also Mist.
Das wussten Sie schon? Hätten Sie mal was gesagt!
Mutig wie ich so bin, blieb mir auch ein Vergleich mit Janosch, Astrid Lindgren und Heinz Strunk nicht erspart.
Bei Janosch war das irgendwie aber alles einfacher, nachdem mir wie zufällig mal eine Reportage über den Weg lief.
Seitdem ist mir klar, dass Janosch cheatet, denn er muss nichts anderes tun, als den lieben langen Tag in seinem verwunschenen kleinen Häuschen - Typ verbuschte Gartenlaube - zu sitzen und bei ein, zwei Fläschchen Wein und roter Nase ein paar Bilder zu malen.
Biegt der Wein auf die Zielgerade ein - das ist ein Reim - beginnt der Künstler, lustige Texte unter seine gemütlichen Bilder zu malen.
Deshalb wünschen sich der Tiger und der Bär auch bloß ein Sofa und Günter Kastenfrosch ist gar nicht eckig, sondern total rund und weich.
Mir gefällts.
Und ich befürchte, Janosch trinkt gar nicht so viel, wie soeben von mir behauptet...und auch in seinem Garten ist nicht immer Sommer. Wahrscheinlich schneidet er die Büsche sogar mal fachmännisch aus und ist auch sonst ein total aufgeräumter Typ.
Aber mir hilfts, also gehen Sie weiter!
Mit Heinz Strunk gestaltet sich das schon schwieriger.
Der trägt ja immer einen Anzug.
Vielleicht setzt er sich in selbigem an den Küchentisch, da mag es sogar Parallelen geben.
Der Unterschied zu Heinz Strunk jedoch ist, dass der sich vorher den Arsch garantiert mit Nivea eingerieben hat.
Das habe ich mal in einem seiner Bücher, also bei einem seiner Protagonisten, gelesen.
Das ganze Buch wimmelte so vor Nivea-Creme in Poritzen, was durchaus in Ordnung ist.
Ich habe viel gelacht.
Aber seitdem schreibt Heinz Strunk für mich eben immer mit dem sogenannten Stock im Arsch.
Ganz begeistert ergatterte ich noch ein weiteres seiner Bücher für geschlagene 2,59 Euro.
Inspiration von allen Seiten: Sträter, Janosch, Strunk. Was für ein Trio!
Nach hundert Seiten, von denen ich lediglich behalten habe, dass seine Hauptfigur (für mich ist das immer der Strunk selbst) in einem Café saß und guckte, wurde ich skeptisch.
Würde es sich lohnen, weitere einhundert Seiten auf großartige Ereignisse zu warten?
Darf man so ein Scheißbuch einfach in die Ecke legen und mit Mißachtung strafen?
Großzügig, wie ich bin, konsultierte ich sicherheitshalber einige Amazon-Rezensionen..
Sie machen das doch auch immer erst nach dem Kauf, oder?
Und zack, erster Treffer "...ich bin bei Seite 100 angelangt, besser wirds nicht mehr!"...
Offenbar hatte ich meinen Bruder im Geiste gefunden, und meinem Exemplar dieses schrecklich zusammengeschusterten Irgendwas wurde die Ehre zu Teil, für ganze 17 Cent Kopfgeld zurück an den Dealer verschachert zu werden.
Und ich fühle mich ja selten herzlos, weil ich es wahrscheinlich auch nicht bin, aber da hatte ich trotz Strunks schlechtem Vorbild kurzzeitig ein schlechtes Gewissen.
Etwas unangenehm auch hier: Heinz Strunk hat sich für dieses Meisterwerk ganz sicher ausgiebig hingesetzt. Vielleicht nichteinmal im Anzug, auch nicht am Küchentisch und ohne Eincreme-Orgien.
Wahrscheinlich sogar in irgendeinem Großraumbüro, so wie Kollegin Roche (im Volksmund "Rohtsch" genannt).
Ein Großraumbüro ist nicht verkehrt. Man kehrt ein und aus und muss jeden Tag etwas schreiben, komme was wolle.
Und ist auch viel Dünnschiss dabei,
mir ist das Einerlei.
(Ich werde hier heute auch mal NICHTS korrigieren oder überarbeiten. So!)
Da haben wir sie also, die Leistungsgesellschaft.
Bürokreativität. Massenunterhaltung.
Gar nicht so verkehrt, aber nicht gerade das, was man des Künstlers Muse nennt.
Viel lieber würde ich mich ja an Astrid Lindgren halten.
Bescheiden wie sie war, stieg die Gute ohne Smartphone, Flachbildschirm und Internet jeden Morgen mit ihrem langen Nachthemd aus dem Bett, trug ihre Löt...Verzeihung NACHTTISCHlampe vor sich her, um sich gemütlich in ihr Schreibzimmer zu begeben.
Keine wüsten Schreie nach Kaffee 2.0 oder irgendsoein Stressgedöns.
Pure Romantik.
Versonnen schaute sie dann aus dem Fenster der aufgehenden Sonne Schwedens entgegen oder zählte die Eisblumen im Winter, während sie sich in Ephraim Langstrumpfs starke Arme auf der Hoppetosse träumte.
Zwei, drei lustige Pippi-Langstrumpf-Kapitel später, die sie natürlich noch mit alter Gänsefeder und Tinte auf nicht recycletes Papier niederbrachte, legte sie stets eine besinnliche Pause bei Äffchen und Pferd ein.
Kleiner Onkel und Herr Nilsson - welch inspirierend stille Gesellen das doch waren.
Kurioserweise waren die Rollen in der Realität stilsicher verteilt:
Affe = KLEINER Onkel.
Pferd = Herr Nilsson.
Kindern und Träumern darf man es aber natürlich weiterhin genau umgekehrt erzählen, das ist viel gemütlicher, auch wenn die Größenverhältnisse dann unlogisch sind.
Also pfeifen wir mal auf die Logik!
Wie ich auch zusätzlich inzwischen in Erfahrung bringen konnte, war bei Pippi Langstrumpf ja auch nicht alles real.
Kenner munkeln, da wären ganze Rollen Blumendraht im Spiel gewesen, um die Standfestigkeit der roten Zöpfe zu gewährleisten.
Quod erat demonstrandum.
Und nun sitz ich hier, ich armer Dings.
Über Goethe mach ich mir lieber keine Gedanken. Die Messlatte lag schon hoch genug, oder?
Ausserdem hatte ich dem ewig meckernden Schweinehund doch zuvor mit Fahrradkälte ordentlich was auf die Fresse gegeben.
Das hat gewirkt.
Also: Fahren Sie Fahrrad und schreiben Sie los.
Ich schaue nicht zurück (da müssen Sie jetzt durch) und ziehe mir jetzt ne Jeans an.
Nicht wegen der Gefahr, sondern rein temperaturbedingt.
November.
Herzlichst
Ihr/Euer/Dein
Mann.im.Meer VOM Deich
P.S.: Ich habe natürlich doch editiert. Es war besser für uns alle...
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